Muss sich die US-Notenbank unterordnen?
Währungsentwicklung ist ein Schönheitswettbewerb
Die Währungsentwicklung wird von der Handelsbilanz plus den Kapitalflüssen bestimmt. Empirisch spielt jedoch die Handelsbilanz kaum eine Rolle. Die Kapitalflüsse sind dagegen der maßgebliche Einflussfaktor. Sie reagieren vor allem auf die Zinsdifferenz und auf die erwartete relative Entwicklung der Aktienmärkte.
Daher bewegen die Zinsentscheidungen der Zentralbanken meistens auch immer die Devisenmärkte. So ist derzeit der US-Leitzins mit 4,35 Prozent deutlich höher als der EZB-Leitzins mit 2,0 Prozent. Daran dürfte sich auch in der kommenden Woche nichts ändern, da die US-Notenbank aufgrund einer stabilen Arbeitslosenquote und der Sorge vor steigenden Inflationsraten infolge der Zollerhöhungen eine abwartende Haltung einnimmt.
Die Geldpolitik der US-Notenbank ist jedoch restriktiv, wie die ausgeprägte Schwäche am zinssensitiven Wohnimmobilienmarkt zeigt. Es werden immer mehr Gebäude fertig gestellt – aber die Käufer fehlen. Dementsprechend könnten die Neubaubeginne und die Neubaugenehmigungen (jeweils Mittwoch) eher zur Schwäche neigen. Das dürfte aber noch nicht als Grund für Leitzinssenkungen ausreichen. Dazu müsste sich noch der Konsum (Einzelhandelsumsätze, Dienstag) und der Arbeitsmarkt merklich abschwächen. Interessanterweise konnte der US-Dollar von der großen Zinsdifferenz in diesem Jahr nicht profitieren, sondern gehörte eher zu den Verlierern. Offensichtlich bewegt die Devisenmärkte ein anderes Thema: die Staatsschulden.
Diese sind in den USA in den vergangenen 25 Jahren nämlich deutlich stärker gestiegen als in der Eurozone. In diesem Jahr schätzt die OECD für die USA ein Verschuldungsniveau von 125,2 Prozent des BIP, für die Eurozone von 95,4 Prozent des BIP. Die hohen und weiter steigenden US-Staatsschulden bedeuten, dass die US-Regierung bald gegensteuern und umfangreiche Sparmaßnahmen einleiten muss. Die Folge wäre eine schwache Konjunktur und erhebliche Leitzinssenkungen der US-Notenbank. Davon würde der Euro gegenüber dem US-Dollar profitieren. Sollte die US-Regierung nicht zu Sparmaßnahmen bereit sein und die US-Notenbank zur Staatsfinanzierung zwingen – also zu einem Regime der fiskalischen Dominanz übergehen –, könnte es einen Vertrauensverlust und eine starke US-Dollar-Abwertung geben.
Quellen: OECD, Refintiv Datastream, Metzler; Stand: 31.12.2024
Vor diesem Hintergrund ist historisch ein gewisser Zusammenhang zwischen der relativen Entwicklung der Staatsschulden und dem EUR/USD-Wechselkurs zu beobachten. Die EZB hat ihren Leitzinssenkungszyklus schon weitestgehend abgeschlossen, während eine große Unsicherheit über die zukünftige Notenbankpolitik in den USA herrscht. Wann, unter welchen Umständen und wie stark wird die US-Notenbank den Leitzins senken?
Eurozone vs. USA
Die US-Regierung möchte wieder mehr Industrien ins Land holen, was eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit erfordert. Dazu bräuchte sie auch einen schwächeren US-Dollar-Wechselkurs. Eine schwache Industrieproduktion (Dienstag) sowie Investitionsneigung der von der Philadelphia Fed befragten Unternehmen könnten hierfür den Druck auf die US-Regierung erhöhen.
In der Eurozone besteht bisher vor allem die Hoffnung, dass die Politik erheblich dereguliert und entbürokratisiert. Das heißt, der Handelskonflikt mit den USA belastet zwar das Wirtschaftswachstum heute, in Zukunft könnten aber eine merklich verbesserte Wirtschaftspolitik plus höhere Staatsausgaben zu einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums führen und Europa wieder auf Wachstumskurs bringen. Der ZEW-Index (Dienstag) und das Konsumentenvertrauen (Freitag) werden zeigen, wie groß diese Hoffnung noch ist.
China: Schwierige konjunkturelle Lage
China hatte im ersten Quartal 2025 eine Sonderkonjunktur, da viele Exporte in die USA vor den befürchteten Zöllen vorgezogen wurden. Diese Effekte sind nun ausgelaufen. Trotzdem war der Export im Mai immer noch solide, da China diesen in vielen Ländern steigern konnte.
Es ist noch unklar, inwieweit andere Länder genutzt wurden, um chinesische Exporte in die USA umzulenken. Vor diesem Hintergrund dürfte sich das altbekannte Muster wiederholen: ein robuste Industrieproduktion bei gleichzeitig schwachen Einzelhandelsumsätzen (jeweils Montag). Die anhaltende Schwäche der Binnennachfrage ist eine Folge der Krise am Immobilienmarkt und der damit verbundenen fallenden Immobilienpreise (Montag).
Die privaten Haushalte und Unternehmen zahlen lieber ihre ausstehenden Kredite (Montag) zurück als neue aufzunehmen. Eine schwache Kreditvergabe ist in der Regel die Ursache einer Deflation.
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